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Mit einem Nachwort zu Leben und Wirken des Dichters von Martin Kämpchen.Spricht man im indischen Bengalen von »dem Dichter«, so ist damit Rabindranath Tagore gemeint, der erste nichteuropäische Träger des Literaturnobelpreises. Martin Kämpchen, der in Indien lebt und arbeitet, hat sein Werk aus dem Bengalischen ins Deutsche übersetzt. »Am Ufer der Stille« bildet eine Auswahl von Tagores religiöser und schöpfungsbezogener Poesie. Das Erbe indischer Spiritualität findet sich in seinen Texten ebenso wie seine seit Kindertagen wache Sehnsucht nach Freiheit. Mit einem Essay zu Leben und Wirken Tagores. |
Erschienen! Die letzten Vorträge und Essays (20011 bis 2013) des Tagore-Übersetzers William Radice sind in diesem Band von Martin Kämpchen ausgewählt und herausgegeben worden. Gitanjali Reborn. William Radice’s Writings on Rabindranath Tagore. Edited by Martin Kämpchen. Social Science Press, NewDelhi |
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Rabindranath Tagore |
Das Universaltalent Tagore hat sich in allen Gattungen erprobt, am bedeutendsten dürfte aber seine Leistung als Lyriker sein. Seine poetische Brillanz lässt sich mit einem Bändchen des Insel Verlags entdecken, wiederum von Martin Kämpchen zusammengestellt. Der Indien-Experte und Autor dieser Zeitung wirbt seit Jahren für das Werk Tagores und hat unter anderem eine Monographie zum Leben des Dichters verfasst. Das Spektrum reicht von Liebesgedichten über philosophische Betrachtungen und religiöse Gedichte bis hin zu Selbstreflexionen über die eigene Arbeit und Wirkung. Dem reichen Anhang kann man entnehmen, welche Schwierigkeiten sich beim Übersetzen aufgetan haben zwischen dem Anspruch einer philologisch korrekten und gleichzeitig poetischen Übertragung. Immer wieder wird auf eigene Zusätze oder eine spezielle Form des Originals verwiesen.
Der Band beginnt mit dem Liebesgedicht „An einem Regentag“. Es zeigt exemplarisch die gleichzeitige kulturelle Ferne der Gedichte für den westlichen Leser und ihre allgemeine Gültigkeit. Gut kann man die Gefühlsregungen des lyrischen Ich nachvollziehen, aber es bedarf der Kommentarinformation, dass die Regenzeit in Indien als Zeit der Liebe gilt. Eine melancholisch-gedrückte Stimmungslage, wie man es als Europäer gewohnt ist, ist mit dem Regen also nicht verbunden. Reizvoll sind auch die zahlreichen Kindergedichte oder die Reflexionen des alt gewordenen Dichters, der auf sein Leben zurückblickt und die Feier der Natur als eines seiner Grundmotive präsentiert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Mai 2011
Eine Auswahl dieser Lieder bringt Kämpchen nun in neuer Übersetzung im Insel-Verlag heraus: Gedichte über das Sehnen zerbrochener Gefässe und aus Lichtmetaphysik und Brautmystik fein gesponnene Gesänge. Dann gibt es aber auch viel Antiasketisches, Weltzugewandtes, ja Alltägliches: wie das herzzerreissend schöne Gedicht von den spielenden Kindern am Strand des Weltmeers; das Gespräch zweier Brüder darüber, ob man den Mond wohl fangen kann; und die charmante Mahnung an die Väter, nicht alle weissen Papiere vollzuschreiben und stattdessen ihre Kinder darauf malen zu lassen. Wieder ist es ein schmaler Band, dessen dichterische Kraft aber mit wenigen Worten kaum zu umreissen ist. Will man literarische Vergleiche finden, dann steht Rabindranath Tagore dem persischen Dichter Jalal ad-Din Rumi wohl näher als Rilke. 2011, im Jahr von Tagores 150. Geburtstag, wäre er als eine Figur der Weltliteratur neu zu entdecken – mit diesem Band hat er seinen Nobelpreis nachträglich noch einmal verdient.
Neue Zürcher Zeitung, 23.April 2011
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Rabindranath Tagore |
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Rabindranath Tagore und Deutschland |
Sein von ihm selbst ins Englische übertragener Gedichtband „Gitanjali“, der Anfang 1913 erschienen war und seinen Ruhm in Europa begründete, lag noch nicht in deutscher Übersetzung vor, geschweige denn ein anderes seiner zahlreichen Werke. Erst in den folgenden Jahren änderte sich dies nachhaltig, und Tagores Bücher wurden für kurze Zeit zu regelrechten Bestsellern.
Nachverfolgen lässt sich dies anhand von Martin Kämpchens anschaulicher Dokumentation zur Rezeptionsgeschichte des Dichters. Sie stellt dar, wie sich der junge Kurt Wolff Verlag die Rechte an dem schlagartig berühmt Gewordenen sicherte und in schneller Folge zahlreiche Werke auf den Markt brachte. Sie zeigt zudem, dass noch mehr als das Werk die Person Rabindranath Tagore faszinierte. Während seiner Europa-Tournee nach dem Ersten Weltkrieg stattete der Dichter 1921 auch Deutschland einen Besuch ab. Höhepunkt war die Tagore-Woche in Darmstadt, als der Philosoph Hermann Graf Keyserling den indischen Gast als Berühmtheit inszenierte und dieser wie ein Volkstribun täglich zu den Massen sprach. Um Literatur ging es dabei weniger als um interkulturelle Verständigung, sah Rabindranath Tagore doch seit der Nobelpreisverleihung seine Hauptaufgabe darin, Botschafter des Ostens zu sein und für Versöhnung und Weltfrieden zu werben.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Mai 2011
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Rabindranath Tagore, Helene Meyer-Franck und Heinrich Meyer-Benfey: |
Helene Meyer-Franck, eine Hamburger Gymnasiallehrerin, war die aktivste und beharrlichste deutsche Tagore-Übersetzerin. Werk für Werk bearbeitete sie für den Kurt Wolff Verlag und nahm zusammen mit ihrem Mann Heinrich Meyer-Benfey, einem Universitätsdozenten für Literatur, auch persönlich Kontakt zu Tagore auf. Es ist ein seltsamer Briefwechsel, den Martin Kämpchen und Prasanta Kumar Paul jetzt zugänglich gemacht haben. Eine übergroße Verehrung des beharrlich als „Meister“ angeredeten Dichters bricht sich Bahn, der mit religiösen Versatzstücken bedacht und überhöht wird. Höhepunkt ist ein Brief anlässlich des Besuchs Tagores bei dem Ehepaar, als sich Helene Meyer-Franck mit Maria von Bethanien, die Jesus erwartet, vergleicht, und hofft, dass der Dichter ihr Haus „heiligen“ werde.
Ein zweites Thema, das den Briefwechsel durchzieht, sind die Pläne, auf Einladung Tagores nach Santiniketan zu ziehen und an der dort neu gegründeten Universität zu lehren – Pläne, die letztlich an der restriktiven Visavergabe der Briten scheitern. Tagore beklagt sich zu Recht über „Stacheldrahtzäune“, die die „Freiheit der Kommunikation zwischen den Völkern“ behindern, in einer Welt „politischer Verdächtigung“ mussten seine kosmopolitisch-versöhnenden Pläne scheitern.
Heinrich Meyer-Benfeys umfangreicher Forderungskatalog und sein regelrechtes Fragenbombardement die Universität betreffend machen es aber noch in anderer Hinsicht unwahrscheinlich, dass sich die Übersiedlungspläne verwirklicht hätten. Es ist bezeichnend, dass der sonst höflich-verbindlich antwortende Rabindranath Tagore diese Briefe entweder ignoriert oder an seine zahlreichen Mitarbeiter delegiert hat. Helene Meyer-Francks Bemühen schließlich, Bengalisch zu lernen, um den Dichter direkt aus dem Original übersetzen zu können, blieb fruchtlos, da in den 1930ern nicht an eine Publikation von Tagores Werken zu denken war.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Mai 2011
My dear Master |
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Rabindranath Tagore |
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ISBN 3-538-05437-1 |
Rabindranath Tagore
Das goldene Boot
Lyrik, Prosa, Dramen
Aus dem Bengalischen von Rahul Peter Das, Alokeranjan Dasgupta, Hans Harder, Martin Kämpchen, Lothar Lutze
Aus dem Englischen von Andor Orand Carius und Axel Monte
Hrsg. von Martin Kämpchen
Verlag Artemis & Winkler, Düsseldorf 2005
Reihe „Winkler Weltliteratur“
669 Seiten,
Dieser Band enthält Gedichte, Lieder, Erzählungen, einen Kurzroman, zwei Theaterstücke, Essays, Briefe, Gespräche Tagores mit Albert Einstein in Direktübersetzungen und einen ausführlichen Anmerkungsteil.
„Vielfältig im Ton, innovativ in der Form, sind Tagores Gedichte eine Herausforderung für jeden Übersetzer. Tagore war eher frei, sehr frei, wenn er sich selbst übersetzte. Martin Kämpchen dagegen bleibt so nahe am Original wie möglich. Die Übersetzungen benutzen den Endreim, wo Tagore ihn benutzte, auch wo er heutigen Ohren nicht innovativ klingen mag; und sie folgen Tagore im Gefühl für Rhythmus – Rhythmus der Sprache und des Gedankens [...] AlsLeser haben wir nur etwas ins Boot zu laden, wenn wir uns der Begegnung mit dieser Dichterpersönlichkeit, der Sprache Bengali, dem geschichtlichen, sozialen, kulturellen Kontext dieser Literatur und ihrer Botschaft stellen. Martin Kämpchen hat dies vorbildlich getan, erarbeitet, gelebt.“
Peter Schreiner in der „Neuen Zürcher Zeitung“
“Zu entdecken ist ein vielseitiger Geist und Poet, der fast mühelos in den unterschiedlichen Genres tätig war. …
Der Dialog zwischen Ost und West ist nicht mehr an der Tagesordnung, wir sind fixiert auf aktuelle Konflikte. Namen wie Gebser, Aurobindo, Corbin oder der Eranos-Kreis sind nur noch Eingeweihten bekannt. Es ist Zeit, daß der Dialog wiederaufgenommen wird, wenn auch nicht in der esoterisch-akademischen Form der Altvorderen. Das Erscheinen dieses neuen Tagore bietet dazu eine hervorragende Gelegenheit.”
Elmar Schenkel in der “Frankfurter Allgemeine Zeitung”
Dasselbe Buch ist auch als Dünndruckausgabe lieferbar, unter dem Titel
Rabindranath Tagore
Gesammelte Werke
Lyrik, Prosa, Dramen
ISBN 3-538-05437-1
ISBN 3-458-34688-0 |
Rabindranath Tagore Liebesgedichte Auch als Hörbuch erschienen: |
ISBN 81 85952 71 X |
Rabindranath Tagore in Germany: Indian Institute of Advanced Study, Shimla (Indien) 1999. Diese wissenschaftliche Studie beschreibt Tagores Beziehungen mit den vier wichtigsten Förderern seines Werks in Deutschland: mit dem Philosophen Hermann Keyserling in Darmstadt; seinem deutschen Verleger Kurt Wolff in München; seiner Übersetzerin Helene Meyer-Franck und ihrem Ehemann, Heinrich Meyer-Benfey, einem Dozenten an der Universität Hamburg. |
Rowohlt: 1090-ISBN 3 499 50399 9 |
Rabindranath Tagore. Bildmonographie. Rowohlt Verlag, Reinbek 1992, 4. Aufl. 2011 Die einzige Biographie Tagores in deutscher Sprache erschien in der bekannten Reihe |
ISBN 3 451 08684 0 |
Rabindranath Tagore Die Lektüre wird zu einem Erlebnis, auch weil Kämpchens deutsches Sprachgefühl seiner Aufgabe mehr als gewachsen ist. |
ISBN 3-546-20237-2 |
Rabindranath Tagore |